Wie die EU ihre Karten mischt

Danyal Bayaz und die Grüne Jugend Bergstraße mit einem Europa-Monopoly
Am 26. Mai wird das Europäische Parlament neu gewählt. Um auf diese wichtige Wahl aufmerksam zu machen, hat die Grüne Jugend Bergstraße am vergangenen Montag (29. April) zu einer Abendveranstaltung in einem außergewöhnlichen Format eingeladen: Anstelle eines Frontalvortrags mit anschließender Fragerunde war Interaktion in kleinen Runden angesagt – beim Monopolyspielen mit einem Bundestagsabgeordneten.
Der Abgeordnete Dr. Danyal Bayaz aus Heidelberg begrüßte zu Beginn rund 20 Gäste, unter ihnen der Hessische Landtagsabgeordnete Torsten Leveringhaus und KV-Sprecher Matthias Schimpf, die sich zur Veranstaltung „Digitales Monopoly. Wie die EU ihre Karten mischt“ in den Marstall in Heppenheim eingefunden hatten. Der 35-jährige Bayaz, der Startup-Beauftragter und Mitglied im Finanzausschuss ist, verknüpfte in seiner kurzen Einführung die Themen Finanzen, Wirtschaft und Europa miteinander und machte insbesondere auf die Themen Digitalisierung und Steuergerechtigkeit aufmerksam: „Wenn Google, Facebook und Co., so zukunftsweisend und nützlich diese Dienste auch sein mögen, ihre Steuerlast in der EU drücken, dann ist das nicht gerecht und rüttelt am sozialen Frieden. Daher brauchen wir in Europa eine Digitalkonzernsteuer, auch als Zeichen der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union“, so Bayaz.
Zwar verfügen viele EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, eine Meldepflicht für Steuersparmodelle, von einer gleichmäßigen Besteuerung im digitalen Zeitalter sind die EU und die globale Gemeinschaft allerdings noch weit entfernt. „Europa ist ein Friedensprojekt. Kein Steuersparmodell“ heißt es auch auf der Großfläche des Spitzenkandidaten von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Sven Giegold, der anhand der Steuerstudie ‚Effective Tax Rates of Multinational Enterprises in the EU‘ aufzeigt, dass multinationale Konzerne überdurchschnittlich oft von Steuerprivilegien und -schlupflöchern profitieren. Kleine, lokal tätige Firmen würden in den meisten Ländern spürbar benachteiligt.
„Nur ein soziales Europa ist ein starkes Europa“, zitierte Danyal Bayaz eines der grünen Wahlplakate, die inzwischen auf etlichen Laternenpfosten im Kreis Bergstraße auf die nahende Europawahl aufmerksam machen. „Wer sich für ein soziales, gerechtes, offenes und starkes Europa ausspricht, geht am 26. Mai wählen und gibt seine Stimme einer demokratischen Partei – am liebsten natürlich den Grünen“, fügte Bayaz augenzwinkernd hinzu.
Spieleabend: drei neue Spielszenarien für Monopoly
Im Anschluss teilten sich die Gäste an drei verschiedene Spieltische auf, an denen das wohl berühmteste kapitalistische Brettspiel der Welt in unterschiedlichen Abwandlungen gespielt wurde.
An einem der Tische sahen sich die Anwesenden mit der Gender Pay Gap konfrontiert, was bedeutete, dass weibliche Mitspielerinnen beim Ziehen über Los 21 Prozent weniger Geld kassierten, nämlich statt der üblichen 200 Euro lediglich 158 Euro Spielgeld.
Gewonnen hat die erste Spielrunde MdL Torsten Leveringhaus aus Seeheim: „Spätestens am Equal Pay Day, dem internationalen Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern, wird uns deutlich bewusst, wie groß die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist. Im Monopolyspiel wird diese Ungerechtigkeit mit jedem Zug über Los evident, was bei meinen Mitspielerinnen – verständlicherweise – Unverständnis und nicht selten Unzufriedenheit ausgelöst hat.“
An einem zweiten Tisch durfte sich einer der Teilnehmer über einen fiktiven Diplomaten-Status freuen, was bedeutete, dass Straf- und „Gehe in das Gefängnis“-Karten dank diplomatischer Immunität unbürokratisch abgewendet werden konnten. „In unserer Spielrunde hat die Diplomatin haushoch gewonnen“, berichtet Schatzmeisterin Vanessa Vogel. „Sie hatte entscheidende Vorteile dadurch erfahren, dass sie, während die anderen Spielerinnen und Spieler mehrere Runden im Gefängnis ausharren mussten, vorrücken und mehr Grundstücke erwerben konnte.“
Eine dritte Gruppe hat sich einem realitätsnahen Szenario gewidmet, indem die Spielleitung zu Beginn unterschiedliche Startbeträge ausgezahlt hat. „Im wirklichen Leben haben auch nicht alle Leute das gleiche Kapital oder erhalten den gleichen Lohn für ihre Arbeit“, sagt Sprecherin Marion Lemahieu, deren Idee es war, das allseits bekannte Monopoly einmal auf eine andere Art und Weise zu spielen. „An diesem Spieltisch hat tatsächlich immer diejenigen Person, die mit dem höchsten Startgeld begonnen hat, am Ende auch die meisten Geldscheine, Grundstücke und Gebäude auf sich vereinen können – so hat sich die Metapher der Schere zwischen Arm und Reich auch in unserer Spielrunde bewahrheitet.“
Die Erkenntnis des Abends war, dass die anfänglichen Ungleichheiten auch bis zum Spielende fortbestanden. „Zwar gehört auch viel Glück zum Monopolyspielen dazu und manche der Teilnehmenden konnten einen Aufstieg schaffen, aber das höhere Startgeld oder Einkommen hat die Mitspielerinnen und Mitspieler in eine vorteilhafte Lage versetzt“, fasst Sprecher Moritz Müller zusammen. „Alle Anwesenden konnten dies spielerisch erleben.“
In den kleinen Spielrunden vertieften sich die Gespräche und kreisten vor allem um die Themen Finanzpolitik und Steuergerechtigkeit.

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